In
den Jahren 1904 bis 1906 wurde auf der Franzenshöhe (187 m
über NN, auch Räcknitzhöhe genannt) in
Dresden-Räcknitz eine der 47 Bismarcksäulen nach dem
Standard-Entwurf "Götterdämmerung" des Architekten Wilhelm
Kreis als Feuersäule ohne Aussichtsfunktion errichtet.
Mit
23 m Höhe ist diese der vierthöchste Turm nach diesem
Entwurf. Im Sommer 2008 wurde die Säule durch Initiative des 2004
gegründeten Bismarckturm Dresden e.V. durch den Einbau einer
aufwändigen Treppenanlage in einen Aussichtsturm umfunktioniert.
Bauplanung
Die
Studentenschaft der drei Dresdner Hochschulen (Technische Hochschule,
Tierärztliche Hochschule und Kunstakademie) unter
Federführung der Technischen Hochschule regte den Bau dieser
Bismarcksäule Anfang 1899
an. Es wurde ein Ausschuss zur Errichtung einer Bismarcksäule
unter Ehrenvorsitz des Oberbürgermeisters Dr. Gustav Otto Beutler
gebildet. Im Sommer 1899 startete der Ausschuss einen Spendenaufruf.
Am 22.07.1899
wurde ein Konzert zum Besten der Bismarcksäule (Ertrag: ca. 800
Mark) durchgeführt. Am 22.08.1899 veranstaltete die Dresdener
Studentenschaft ein Sommerfest, bei dem alle 320 bei der deutschen
Studentenschaft eingereichten Bismarcksäulen-Entwürfe
ausgestellt wurden.
Der
Dresdner Bismarcksäulen-Ausschuss wählte den von der
deutschen Studentenschaft mit dem ersten Platz ausgezeichneten Entwurf "Götterdämmerung" des Architekten Wilhelm Kreis zur Ausführung aus.
Im Frühjahr 1901
waren bereits 15.000 Mark an Spenden gesammelt worden. Die
TH-Studentenschaft veranstaltete im Sommer 1901 ein akademisches
Sommerfest mit Konzert, Tanz und "Gabenlotterie", der Reinerlös
betrug 2.000 Mark. Ein musikalischer Vortragsabend am 15.11.1901 zu Gunsten der Bismarcksäule folgte.
Im Frühjahr 1904
lag die Spendensumme bei 30.000 Mark. Die Kosten für die
Säule wurden vom Ausschuss auf ca. 40.000 Mark geschätzt.
Anfang 1905
genehmigte der Rat der Stadt Dresden die Übereignung des
Bauplatzes und erklärte sich bereit, die Kosten für die
Herstellung der Zugänge und des Säulenplatzes (ca. 12.800
Mark) selbst zu übernehmen.
Die Vorarbeiten zur Errichtung der Bismarcksäule starteten im April 1905.
Die
Gesamtkosten betrugen letztendlich ca. 46.000 Mark, die
überwiegend durch Spenden der Dresdener Bevölkerung und der
Umgebung aufgebracht worden waren.
Der
Dresdner Bismarck-Denkmals-Ausschuss für das Bismarck-Standbild
Dresden-Innenstadt fügte 9.000 Mark hinzu, die nach Fertigstellung
des Bismarck-Standbilds übrig geblieben waren.
Bauarbeiten und Einweihung
Bauleiter
des Projektes war Stadtbaurat Edmund Bräter, als ausführender
Baumeister war Maurermeister Gräft aus Dresden-Klotzsche
tätig.
Als
Baumaterial wurde innen Ziegelmauerwerk verwendet, welches außen
mit unregelmäßig behauenen Elbsandsteinquadern verblendet
wurde.
Als
Füllung für die Auskragung des Turmkopfes wurde Zementbeton
verwendet. Die überhängenden Quader wurden durch Eisenanker
mit den Deckenträgern befestigt.
Im Herbst 1905
waren die Bauarbeiten am Turm fast beendet, als Einweihungstag wurde
der 01.04.1906 avisiert. Da der Termin nicht eingehalten werden konnte,
verschob man die Einweihung auf den 30.06.1906. Tatsächlich wurde
die feierliche Einweihung dann am 23.06.1906 durchgeführt.
Die
Einweihung begann mit einem Fackelzug der Studenten zum Turm. Die
anschließende Weiherede hielt der Vorsitzende des Verbandes der
Studentenschaft der Technischen Hochschule, Stud. Arch. R. Stegmann.
Die
Feuersäule wurde am Einweihungstag erstmals entzündet (auf
der Säule und am Fuß der Säule), dabei übergab der
Redner diese im Auftrag der Studentenschaft an die Stadt Dresden.
Befeuerung
Auf
dem Turmkopf wurde eine Feuerschale aus Schmiedeeisen
(äußerer Durchmesser 4,10 m, innerer Durchmesser 3,35 m,
Höhe 0,50 m, Kosten 750 Mark) angebracht, die auf eisernen
Füßen stand.
Angefeuert
wurde diese mit Holz, befeuert wurde sie am Einweihungstag mit
Gasöl aus Wilhelmsburg/Elbe, wodurch bei einer Brenndauer von drei
Stunden eine maximale Flammenhöhe von 4-5 m erreicht wurde.
Turmbeschreibung
Der 23,01 m hohe Bismarckturm wurde als Feuersäule ohne Aussichtsfunktion
auf der Franzenshöhe (Räcknitzer Höhe) auf einem runden,
künstlich aufgeschütteten Erdhügel errichtet.
Das Fundament wurde durch Bogenpfeiler aus Ziegelstein gebildet, die auf einer 60 cm dicken Betonschicht ruhen.
Als Basis des Turmes dient ein zweistufiges quadratisches Podest.
Die
untere Podeststufe ist 12,15 m x 12,15 m und die zweite Stufe 10,15 m x
10,15 m breit. Darauf erhebt sich der 5 m hohe quadratische Turmsockel
mit einer Kantenlänge von 8,15 m x 8,15 m.
Die
vier Kanten des Schaftes bestehen - wie bei dem Entwurf
"Götterdämmerung" typisch - aus Dreiviertelsäulen, die
von einem Architrav mit dreistufigem Oberbau zusammengehalten werden.
Durch eine 1,99 m hohe Tür auf der Rückseite gelangt man in das Innere der Säule.
Die
Säule ist innen bis zur eingezogenen Zementdecke ein 16 m hoher
Zylinder mit einer Breite von 6,10 m x 6,10 m. 5,50 m oberhalb der
Zementdecke befand sich die 6,89 m x 6,89 m (Innenmaße 5,77 m x
5,77 m) breite Plattform für die Feuerpfanne.
Ein
Aufstieg von unten war nur über eine schmale Eisentreppe (Breite:
0,65 m) möglich, die entlang der Innenwände nach oben
führte.
An
der Rückseite des Turmes wurden zwei kleine Fenster eingelassen,
an den Seiten befindet sich jeweils ein Fenster (Größe 0,70
m x 0,26 m).
Zur
Stadtseite (Nordseite) hin wurde am Turmschaft ein Reichsadlerrelief
aus Sandstein mit der Schlange der Zwietracht angebracht, das von
Bildhauer F. Kreis aus Dresden angefertigt worden war.
Turmgeschichte
An der Einweihungsfeier am 23.06.1906
(Sommersonnenwende) nahmen neben den Studenten auch viele Bürger
Dresdens teil. Die Feuerpfanne wurde an diesem Tag erstmals
entzündet und verzog sich bereits nach der ersten Befeuerung.
Die
Flammenhöhe und die Helligkeit der Flammen waren nicht
zufriedenstellend, so dass die Stadt Dresden weitere 650 Mark für
die jährlichen Befeuerungen und 50 Mark für die Pflege der
Feuerschale zusteuerte.
Die Befeuerung wurde in den folgenden Jahren jeweils mit einem Fackelzug der Studentenschaft zur Bismarcksäule eingeleitet.
Im Jahr 1907
wurde eine Dresdener Firma, die ein eigenes Brenn-Verfahren entwickelt
hatte, mit der Befeuerung beauftragt. Diese Befeuerung verlief
zufriedenstellender.
Am Sonnenwendtag 1908 wurde die Befeuerung nach dem Fiedler'schen Prinzip (siehe Bismarckturm Berlin) erprobt.
Am 01.04.1915 wurde die Säule zum 100. Geburtstag Otto von Bismarcks befeuert.
Am 10. Mai 1933 fand an der Bismarcksäule die Bücherverbrennung in Dresden statt.
Bis Mitte 1941, ab 1931 von der NSDAP organisiert, fanden zur Sommersonnenwende an der Bismarcksäule Bismarck-Gedenkfeiern statt.
Am 01.09.1946
wurde die Säule anlässlich des Weltfriedenstages in
Friedensturm (auch: Friedenssäule) umbenannt. Eine nach dem 2.
Weltkrieg geplante Sprengung der Säule wurde wegen mangelnder
Arbeitskraft und zu wenig Sprengstoff nicht durchgeführt.
Ein
vom Rat der Stadt Dresden vorgeschlagener Abriss bzw. eine Sprengung
der Säule wegen des „imperialistischen Symbolgehalts“
wurde aus Kostengründen nicht durchgeführt. Um 1951
wurde die Eingangstür auf der Rückseite des Turmes
zugemauert. Aus Sicherheitsgründen wurde die an der Innenwand
verlaufende Eisentreppe bis zur zweiten Eckplattform entfernt. In den
Folgejahren wurde die Terrassenbegrenzung (Geländer) rundherum
abmontiert.
Der Elbsandstein der Säule war durch die Umweltbelastung bis 1990 schwarz geworden.
Nach der Wende wurde der Turm Anfang der 1990er Jahre nach Beschluss des Stadtrats wieder in Bismarcksäule zurückbenannt.
Anfang 2002
wurde in der lokalen Presse nach Sponsoren zwecks Sanierung der
Bismarcksäule gesucht. Die Podeststufen des Sockels und der
Turmschaft waren zu diesem Zeitpunkt noch in einem guten Zustand. Der
Brüstungsabschluss am oberen Rand war weggebrochen und die
Plattform war stark einsturzgefährdet.
Am 27.12.2003
wurde der Verein Bismarckturm Dresden e.V. gegründet, am 12.
Januar 2004 wurde dieser in das Vereinsregister Dresden eingetragen.
Sanierung der Bismarcksäule (2004 - 2008)
Im Dezember 2004
begannen die vom Bismarckturm Dresden e.V. initiierten
Sanierungsarbeiten. Alle Öffnungen wurden gegen Tauben
verschlossen, die Reste der stählernen Eisentreppe an der
Innenwand wurden entfernt.
Im Juni 2005
erschien eine informative Broschüre "Die Bismarcksäule in
Dresden-Räcknitz als Aussichtsturm". In der Broschüre wird
neben ausführlichen Informationen zur Geschichte und Bedeutung des
Turmes das Sanierungsvorhaben (Kostenvoranschlag, Systemzeichnungen,
Stufenpatenschaften, Außen- und Innenbeleuchtung) vorgestellt.
Ein umfangreiches Konzept zur dauerhaften Nutzung des Bauwerkes wurde bereits im Sommer 2006 entwickelt.
Im August 2006 wurde unter großer Beteiligung der Bevölkerung das Bismarckturm-Jubiläum feierlich begangen.
Im Sommer 2008
wurde eine aufwändige Treppenanlage aus Stahl mit zwei
ineinandergewendelten Läufen (insgesamt 158 Stufen) installiert,
die bis zur neuen Aussichtsplattform an der Turmspitze führt. Der
untere Treppenlauf kann zwecks Vergrößerung des Innenraums
der Eingangsebene hochgeklappt werden.
Die
Sanierung des Aussichtspunktes Bismarcksäule Dresden-Räcknitz
war ein Gemeinschaftswerk der Stadt Dresden, von Gewerbetreibenden,
Bürgern und Studenten als Beitrag zur 800-Jahr-Feier der Stadt
Dresden.
Die feierliche Eröffnung fand am 29. + 30.08.2008
in Verbindung mit einem Turmfest (knapp 2.000 Besucher) statt. Am
Unterbau, links vom Eingang zur Ecke hin, wurde eine neu angebrachte
Sandsteintafel enthüllt:
BISMARCKSÄULE/GEBAUT 1906/SANIERT 2008
Nach
der Eröffnung wurden die Außenanlagen neu gestaltet und
Baumpatenschaften vergeben. Die Verbindung zwischen dem historischen
Schlachtfeld der napoleonischen Befreiungskriege und der Wohnbebauung
der Räcknitzhöhe wurde mit einer Allee von fünfzig
Zierapfelbäumen umsäumt.
Seit 2011 führt der Förderverein Bismarckturm Sternenbeobachtungen vom Turm aus durch.
Im Jahr 2013 wurde der Bismarckturm von rund 13.000, im Jahr 2014 von rund 10.000 Besuchern bestiegen.
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